Bilanz über die Gesundheitskrise im Fokus des Zwischengipfels der Exekutiven der Großregion

Bewältigung der Gesundheitskrise, Nahrungsmittelautonomie, energetischer und industrieller Wandel: die Exekutiven der Großregion im Gleichklang

Am Donnerstag, 30. Juni 2022, fand der Zwischengipfel der Exekutiven der Großregion in Lunéville statt, um eine vorläufige Bilanz der im Rahmen der französischen Präsidentschaft (2021-2022) begonnenen Maßnahmen zu ziehen. Teilgenommen haben unter anderem Jean Rottner, Präsident des Regionalrats der Region Grand Est (amtierender Vorsitz), Josiane Chevalier, Präfektin der Region, Chaynesse Khirouni, Präsidentin des Departements Meurthe-et-Moselle, Jérôme Dumont, Präsident des Departements Meuse, Patrick Weiten, Präsident des Departements Moselle, sowie Corinne Cahen, Ministerin für die Großregion (Großherzogtum Luxemburg), Heike Raab, Bevollmächtigte für grenzüberschreitende und europäische Zusammenarbeit (Rheinland-Pfalz, künftiger Vorsitz des Gipfels der Exekutiven der Großregion), Pierre-Yves Jeholet, Ministerpräsident der Föderation Wallonie-Brüssel, und Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (Wallonie), sowie David Lindemann, Chef der Staatskanzlei (Saarland).

 

Im Mittelpunkt der Gespräche standen das grenzüberschreitende Krisenmanagement und die Entwicklungsperspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, um die Souveränität der Gebiete der Großregion in Bezug auf Ernährung, Energie und Industrie zu stärken.

Bericht über grenzüberschreitendes Krisenmanagement

 

Bei ihrem Treffen im Oktober 2021 hatten sich die Exekutiven der Großregion verpflichtet, einen Bericht zum grenzüberschreitenden Krisenmanagement zu erstellen, um Lehren aus der Gesundheitskrise Covid-19 zu ziehen, die gemeinsamen Herausforderungen im Falle einer neu auftauchenden Situation zu definieren und eine Reihe von Empfehlungen zu erarbeiten.

 

Der Gipfel verabschiedete einen Bericht, der die absolute Notwendigkeit unterstreicht, die Realität der grenzüberschreitenden Lebensräume zu berücksichtigen. Dieser enthält eine gemeinsame Bilanz des Krisenmanagements sowie Empfehlungen zur Verbesserung des Managements künftiger Krisen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene. Dem Text voraus geht ein Appell der Exekutiven mit einer gemeinsamen Vision des grenzüberschreitenden Krisenmanagements (Solidarität zwischen Partnergebieten; Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit; Aufrechterhaltung der Freizügigkeit; Anpassung der von den Mitgliedstaaten und EU-Institutionen festgelegten und umgesetzten Maßnahmen an die Besonderheiten der grenzüberschreitenden Lebensräume).

 

Nahrungsmittelautonomie und kurze Wege 

 

Die Gesundheitskrise und jüngst der Konflikt in der Ukraine haben das Bewusstsein für die Dringlichkeit einer Änderung unserer Konsummuster geschärft. Der Zusammenhang zwischen Ernährung, Umwelt und Gesundheit ist stärker. Die Verbraucher wünschen sich zunehmend eine lokale Versorgung mit Lebensmitteln, deren Herkunft und Produktionsweise sie kennen. Auf Großregionsebene wurde im Rahmen eines Interreg-Projekts eine Bestandsaufnahme der Nahversorgung mit Lebensmitteln unter verschiedenen Gesichtspunkten erstellt: Auswirkungen lokaler Produkte auf die Beschäftigung und die Treibhausgasemissionen, Analysekriterien für Einkäufe nach Bevölkerungsgruppe, Analyse der Ernährungssysteme in den verschiedenen Gebieten der Großregion usw. Dies ermöglichte die Sensibilisierung und Mobilisierung verschiedener Akteure (Käufer, Köche, Zwischenhändler und Erzeuger) sowie die Entwicklung pädagogischer Instrumente. Als Fortsetzung des Projekts, das dieses Jahr abgeschlossen wurde, vereinbarten die Exekutiven, staatliche Maßnahmen zur Förderung des allgemeinen Zugangs zu lokaler Lebensmittelversorgung besser zu verknüpfen.

 

Industrie: den Übergang zu grünen Energien begleiten

 

Die französische Präsidentschaft des Gipfels der Exekutiven der Großregion hat die Begleitung bei den großen aktuellen Veränderungen (Umwelt, Energie, Wirtschaft und Digitalisierung) ins Zentrum ihres Fahrplans gestellt.

 

So plant sie für Herbst 2022 ein Ministertreffen speziell zum Wandel in der Automobilbranche und zur Dekarbonisierung von energieintensiven Industrien. Dabei sollen die Herausforderungen der Attraktivität der Großregion (Umgestaltung industrieller Prozesse, bessere Integration der Wertschöpfungsketten, Standortverlagerungen, internationale Wettbewerbsfähigkeit usw.) und der sozioökonomischen Entwicklung der Industriesektoren, insbesondere der Automobilindustrie (Beschäftigung, Qualifikationen), besprochen werden. Ziel ist es, zur Dekarbonisierung energieintensiver Industrien beizutragen und dem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor vorzugreifen, um den Übergang zu Elektro- und Wasserstoffantrieben zu begleiten.

 

 

Chaynesse Khirouni zeigte sich sehr erfreut, Gastgeberin des Zwischengipfels im Schloss von Lunéville zu sein und betonte die Umsetzung von „Initiativen zum Aufbau echter grenzüberschreitender Gesundheitsregionen, mit denen die in der Pandemie gewachsene territoriale Solidarität gestärkt und vertieft werden solle“.

 

Jean Rottner erklärte: „Während die französische EU-Ratspräsidentschaft gerade zu Ende geht, hat die Großregion durch die Annahme ihres ambitionierten Berichts zum grenzüberschreitenden Gesundheitswesen und durch die Gespräche über die Lebensmittelsicherheit und die Industrie ihre Einheit und ihre Entschlossenheit gezeigt, Europa konkret und alltagstauglich zu gestalten. Die Situation von Grenzregionen ist eine Chance für die EU-27, wir verkörpern sie.“

 

Corinne Cahen erklärte: „Wir werden uns Gehör verschaffen und alle zusammen die Europäische Union für die Besonderheiten der grenzüberschreitenden Einzugsgebiete sensibilisieren. Die Großregion ist stärker und geeinter denn je, um die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, zu meistern.“

 

Pierre-Yves Jeholet betonte: „Bei diesem Zwischengipfel der Exekutiven der Großregion haben wir uns die Zeit genommen, das grenzüberschreitende Krisenmanagement, aber auch die Perspektiven in den Bereichen Ernährung, Energie und Industrie für das Gebiet der Großregion zu analysieren. Sowohl bei der Pandemie als auch beim Krieg in der Ukraine ist es wichtig, Lehren und Bilanz zu ziehen, um Empfehlungen auszusprechen, damit wir unser gemeinsames Management ständig verbessern und uns gemeinsam auf die großen Herausforderungen von heute und morgen vorbereiten können.“

 

Jérôme Dumont begrüßte die „Annahme des Berichts über das grenzüberschreitende Krisenmanagement, mit dem die nationalen und europäischen Behörden auf die Schwierigkeiten von Einwohnerinnen und Einwohnern der Großregion beim Zugang zur Gesundheitsversorgung aufmerksam gemacht werden können, wie beispielsweise die Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus Montmédy, die gezwungen sind, eine 50 km lange Strecke zurückzulegen, um die Notaufnahme in Verdun, anstatt die Notaufnahme im nur 15 km entfernten Virton aufzusuchen! Er verwies auf die Erprobungen im Bereich Telemedizin und Telesprechstunden im Rahmen des Projekts E-Meuse Santé, mit dem die Fernbetreuung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten ermöglicht wurde; diese laufenden Erprobungen könnten somit auch in anderen Gebieten der Großregion Anklang finden. Anschließend hob er hervor, wie wichtig es sei, die Wertschöpfungsketten der Agrar- und Ernährungswirtschaft (Milch/Käse...) und der Forst- und Holzwirtschaft zu sichern, um die Ernährungs-, Energie- und Industriesouveränität der Großregion zu gewährleisten; er verwies daher auf das Projekt des Departements Meuse, ein Exzellenzzentrum AgriTech aufzubauen, das zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Attraktivität der Großregion beitragen könnte“.

 

Für Patrick Weiten „muss die Großregion ein Raum sein, in dem es möglich sein muss, bürgernahe Entscheidungen zum Wohle unserer grenzüberschreitenden Einzugsgebiete zu treffen. Die Hauptstädte müssen uns anerkennen und uns ermöglichen, zum Wohle des Alltags unserer Einwohnerinnen und Einwohner zu handeln. Dies betrifft das Gesundheitswesen, die Rettungsdienste und die Feuerwehr ebenso wie die Mobilität oder die Attraktivität. Die Stärkung unseres gemeinsamen Tourismusangebots und die Nutzung von Großveranstaltungen sind Schwerpunkte, die in diesem Rahmen ausgebaut werden sollten. Der olympische Fackellauf durch symbolische Orte in der Großregion ist eine einmalige Gelegenheit, an Sichtbarkeit und Außenwirkung zu gewinnen“.

 

David Lindemann berichtete: „Entscheidungen, die in Berlin, Brüssel und Paris getroffen werden, haben nicht immer die Grenzregionen im Blick. Das haben wir während Corona noch einmal deutlich erfahren. Mit unserem gemeinsamen Bericht zur Gesundheitskrise richten wir daher auch ein Augenmerk darauf, dass insbesondere in Krisenzeiten die Freizügigkeit gewahrt bleiben muss. Grenzen dürfen nie wieder zu Hindernissen werden. Auch abseits der Corona-Krise gilt es, Hürden abzubauen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu intensivieren, etwa in der Gesundheitspolitik, aber auch bei Bildung und Teilhabe. Transformationsprozesse in den Bereichen Mobilität, IT, Energie und insbesondere Industrie gehen wir in der Großregion ebenfalls gemeinsam an. Das gilt vor allem für die aktuellen Herausforderungen in der Automobilbranche, denn: Von der fatalen Entscheidung des Ford-Konzerns sind auch viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger betroffen.“